Tag 89 – Vernon

Heute ist ein mieser Tag. Nach dem Frühstück bei The mixing Bowle lungern wir noch im Hostel herum.  Ich bin hin und her gerissen. Bleiben oder wandern.  Ein Tag ohne wandern ist nicht so schön.  Ein Ruhetag bringt Erholung. Brightside legt mit ihrem Fuß auf jeden Fall einen Zero ein. Mir geht es dafür aber nicht schlecht genug und nach den letzten Tagen die sich quasi wie Touristenalltage abgespielt haben, von Stadt zur Stadt,  brauche ich unbedingt wieder etwas mehr Natur und Nächte im Wald. Außerdem ist Numbers zum Abmarsch bereit.
Das wir Brightside nun auch noch in unserer Gruppe verlieren trifft mich ehrlich gesagt hart.  Kiwi ist schließlich auch nicht mehr da. Ich habe in einem Beitrag gesagt,  dass es schade sei ohne Lonestar weiter zu wandern. Jetzt bin ich wirklich traurig. Natürlich geht das Leben auf dem Trail weiter und Chay ist nur ein paar Meilen voraus. Mit ihm hat man auf jeden Fall immer gute Laune und etwas zu lachen. Dennoch sind meine Kameraden die mich auf fast 500 Meilen oder 800 Kilometer begleitet haben nun dahin. Nicht für immer, doch unsere Reise geht jetzt und an einem anderen Ort weiter. Also sind Numbers und ich bei Sonnenschein und bestem Wetter los gezogen um an unseren Ausgangspunkt von gestern zu gelangen.  Deprimiert und still wandern wir knapp 4.5 Meilen auf der Straße bis wir endlich wieder auf dem Trail landen.
Es geht über breite Holzstege. Rechts und links Meter hohe Farne. Ein tolles Biotop,  großartiges Wetter.  Doch ich häng in Gedanken noch immer im Hostel fest. Auch beim Aufstieg über viele Felsen und Steine auf den Wawayanda Mountain sind meine Gedanken woanders.  Ich denke, heute bin ich gegen die mentale Mauer gelaufen. Der Trail unterzieht einem ziemlich plötzlich und unerwartete körperliche und mentale Wandel. Das kann komischerweise in Minuten wechseln.  Leider.
Auf dem Aussichtspunkt machen wir eine Pause. Man kann die Markierung der letzten Tage sehen. Kurz ein paar Fotos und Snacks. Danach das Gesicht in die Hände gelegt und in Gedanken versunken. Ich will nur noch 3 Meilen bis zum nächsten Shelter und in meinen Schlafsack kriechen. Zurück ins Hostel wäre selbst von hier auch keine schlechte Alternative.  Die eigentliche Zugangsstraße liegt im Tal zu unseren Füßen.
Wir machen uns auf um einen Platz zu ergattern. Im Laubwald hört es sich wie Regen an. Doch es sind nur die zerfressenen Blätter und Raupen die auf den Boden segeln. Am Shelter wieder das gleiche Spiel. Im Eingang sitzend und nichts tun. Kaputt und ohne Motivation. Zum Glück habe ich meinen Schlafsack nicht gleich ausgerollt. Numbers drängt ein wenig auf die Eroberung New Yorks. Ich will nur in den Schlafsack und Schokolade essen. Nach einer Stunde raffe ich mich aber auf und wir setzen zum spurt auf das nächste Shelter an. Es ist zwar schon fast 17.00 und das Shelter 12 Meilen entfernt,  aber egal.  Es muss weiter gehen und ein guter Wandertag hilft da auf jeden Fall.
Bis zur Grenze sind es nur 4 Meilen. Am Long House Creek füllen wir nochmals Wasser auf. Der Anstieg zur Grenze ist nicht steil, aber dafür mit den für New York markanten riesigen Steinen versehen.  Über einen dieser riesengroßen Felsen laufend verpasse ich fast die Grenzmarkierung da ich mich im angebrachten Trailregister eintrage. Numbers hats aber gemerkt und wir schießen kurz unsere Fotos. Ich halte den Tag und die Grenze in einem schwarz/ weiß Foto fest. Liege auf dem Stein.  Aber mir geht’s wieder besser.  Schließlich ist es ziemlich schön hier. Nadelwald und der nächste Staat ist geschafft. 
Auf der Grenze kochen wir dann zu Abend. Da wir spät ins Lager kommen, oder wohin auch immer, hilft das die müden Beine zu vertreiben.  New York bietet nun abwechslungsreiche Trailbedingung. Wir krachseln viele Boulder hinauf und hinunter.  Meist geht es über diese auch bis zum nächsten Waldstück. Die Wälder sind dunkel.  Es fließt viele Wasser. Leider auch viel auf dem Trail selbst. Es wird anstrengend die ganzen kleinen Felswände hinauf zu klettern. Wir tun nicht viel anderes.  Aber es macht wirklich Spaß und fordert uns teilweise. Also in Bezug aufs klettern.  Der Trail ist nach wie vor, ein harter Brocken!
Als es schon dunkel ist und wir weiterhin durch den Wald laufen treffen wir noch auf einen Tageswanderer. An der nächsten Straße warten wir noch auf ihn um sicher zu gehen,  dass er heil aus dem dunklen Wald kommt. Die Trailmagic Kiste am Parkplatz war leider schon leer. Nach ein paar Minuten kommt der Wanderer mit einer Taschenlampe.  Alles gut.
Wir ziehen weiter und laufen noch einen kleinen Seitenweg zu einer Aussichtsplattform. Wir schlagen unsere Schlafplätze unter freiem Himmel auf. Ea ist zwar schon nach 22.00 Uhr, doch der Horizont ist noch in ein nettes lila getaucht. Der Wind pfeift auch kräftig aber in den Schlafsäcken ist es wunderbar gemütlich. Den Treppenaufgang habe ich mit einem Trekkingstock  versperrt an dem mein Titanbecher hängt.  Falls irgendwas hoch kommt hören wir das hoffentlich.  Gute Nacht

Gewandert: 23.5
Insgesamt: 1371.7