Tag 25 – Bald Mountain Shelter

Heute geht es für mich nach Erwin.  Die Sonne sprenkelt den Zenit orange, rot, gelb. Leicht schiebt sich die erste Helligkeit des Tages in den Shelter und berührt meinen Schlafsack.  Mit so einem Ausblick geweckt zu werden,  bedarf einer kalten und zugigen Nacht getrotzt zu haben. Gestern abend war ich schon zu müde und träge,  da ich sowieso in die Stadt einlaufen wollte ließ ich meine Wanderklamotten + Daunenjacke einfach an und stieg in den Schlafsack um schön warm etwas zu lesen.  Es war so gemütlich, dass ich so verblieb. Das macht hier keinen unterschied mehr.
Nachdem ich wie jeden Morgen aus dem Schlafsack geschlüpft bin, mir fröstelnd die kalte lange Unterhose und Shorts angezogen habe, stopfte ich meinen Schlafsack und Seideninlett in die Packsäcke. Meiner Luftmatratze drehe ich davor noch den Hahn auf, sodass ich unweigerlich auf dem kalten Boden zu liegen komme und vorher beschriebene Abläufe beschleunige. Danach Foodbag abhängen, Essen und alles im Rucksack verstauen. Wenn ich mich beeile läuft das innerhalb von 30 Minuten ab.
Gegen 7.40 bin ich dann auch von dem wirklich schön gelegenen Shelter los. Es ging kurz zum little bald hinauf bevor ich 3.8 Meilen zum Spivey Gap abgestiegen bin. Wie schon die Tage zuvor sind die Wälder freundlich und offen.  Der Abstieg ging jedoch über viele Stufen, später aber über seichte Wege hinab.  Kurz vor dem Gap musste ich eine Pause einlegen und mich mehrerer Lagen Klamotten entledigen.  Garnicht so unaufwendig!  Schuhe auf, Gamaschen ab, Pants aus den Socken holen, Shorts aus,  Pants abstreifen, Shorts an, Socken stramm ziehen, Gamaschen an,  Schuhe binden,  Gamaschen befestigen und dabei ständig in den Schuhen stehen. Das gleiche folgte bis auf mein Tshirt am Oberkörper.
Kurz vor Spivey Gap sah ich auf einer Wiese noch drei Truthähne. Einen konnte ich auch noch ablichten. 
Danach ging es steil  bergauf.  Viel Wasser machte die grüne Umgebung aber angenehm zu gehen.  Am No Business Knob Shelter gab es dann noch eine kleine Zwangspause auf Grund von starken Nasenbluten.  Es war einfach zu heiß und ich bin zu sehr gerast. Von dort sind es nur noch 6 Meilen bis zum Uncle jonnys Hostel welches direkt am AT liegt,  aber nicht direkt in Erwin, TN. Ich bin übrigens in Tennessee!  TN und NC geben sich quasi täglich die Klinke in die Hand.  Wenn ich über die Ridges laufe,  könnte ich zwei Staaten gleichzeitig mit meiner Gegenwart beglücken.  Also weis ich ebensowenig in welchem Staat ich mich gerade befinde,  geschweige denn welcher Wochentag ist. Beides ist gerade unwichtig und verschwimmt somit in den Tagen. 
Jedenfalls ging es schön geschwungen rauf und runter bis ca. 4 Meilen vor Erwin, man konnte es schon erspähen  bis meine nicht so geschätzten Bergflankenbeschreitungen anfingen. Für ein Tal welches 1 km lang ist muss man für jede hundert Meter vorwärts Richtung Erwin, 150 Meter in den Berg hinein und 150 wieder hinaus laufen. Gott bewahre, dass man in der Talsohle mit zugebundenen Augen dem Bachlauf folgen darf 😉
Aber es gab nach einem letzten Anstieg auch ein paar Ausblicke auf Erwin, die sich immer dann ergaben wenn die Serpentinen wieder zur Kante kamen  die dem Nolichucky River einen steilen Abgang bot.
Gegen 14.20 war ich dann im Hostel.  Echt gechillt hier. Uncle Jonny sitzt auf der Terrasse isst Pizza und trinkt Bier.  Ich versteh nur 1/4 von seinem Dialekt und nicke höflich. Gebe ihm dann meine Hand und sage, hy, i’m Mozart. Das wars. Ich führe mich auf wie in anderen Hostels. Dann bringe ich meine Ausrüstung in einen freien bunkroom. Den hab ich bis auf ein Bett in einer extra Niesche für mich allein. Später schlender ich in den Laden und hole eine kalte Gatorade und bezahle beiläufig noch das Zimmer. Wäre wohl auch kein Problem gewesen wenn nicht.  Danach aale ich mich in der Sonne und hole die Einträge der letzten Tage nach. Entweder laufe ich zu viel, oder das Gelände wird anstrengender.  Jedenfalls war ich jeden Abend gut bedient.  Die Füße schmerzen wie Muskelkater. Allerdings nur in der Fußsohle.  Jeden Morgen brennen die Füße in den Schuhen bis sie warmgelaufen sind. Die Kälte am morgen,  man ist komplett eingepackt,  kann innerhalb von einer Stunde tropischen Verhältnissen weichen. Ebenso andersherum. Die Berge die man erklimmen muss, sind wirklich nicht klein.  Man sieht sie manchmal schon vom weiten,  kann sich aber nicht vorstellen heute noch dort einzulaufen.

Um 17.00 ging das shuttle in die Stadt. Wir fuhren mit einem überfüllten Bus vor dem Mexikaner vor. Ich glaube die bringen jeden Abend eine Ladung fresswütiger Hiker ins Lokal. Ich hatte eine große Platte mit gebratenem Fleisch und Meeresfrüchten, dazu eine Platte mit Salat,  Bohnen und Reis die ich in drei beigelegten Wraps verschwinden lies. Alles zusammen natürlich in meinem Riesen Magen 😉
Weiter ging es im Walmart.  Honey Buns, KitKat, Snickers, Butterlinge, Kartoffelbrei,  Poptarts etc. Drei Tüten voll, bis auf zwei Bananen,  ungesundes Zeugs. Aber meinen Körper juckts bis jetzt noch nicht.  Mein Gewicht konnte ich sogar halten.  Hätte ich nicht gedacht,  nachdem ich auf der Schwedentour 2 kg in 2 Wochen verloren habe. Vielleicht lag es auch an der Hitze.  Dann steht mir hier noch ein schlimmes abspecken bevor 😀
Hab schon von einigen gehört die in der Nacht aufstehen um zu wandern und am Tag schlafen weil es so unerträglich ist. Wenn das Gelände besser wird,  kann man das auf jeden Fall in Erwägung ziehen.  Ich probiere es auf jeden Fall mal aus. Immerhin gibt es auch verschiedene Herausforderung die, abgesehen vom eigentlichen Trail, noch geleistet werden können.  So kann man in unter 24h drei Staaten durchwandern.  Müssten etwas über 30 Meilen sein. Also denke ich mal auch möglich. 
Jetzt ist es schon wieder 20.30! Längst Zeit fürs Bett. Ich esse aber noch ein wenig,  nur um sicher zu gehen mein Gewicht zu halten 😉
Nächste Meldung spätestens aus Damaskus, Meile 469.

Gewandert: 16.8
Insgesamt: 342.9
Wetter: frostig im morgengrauen, sonnig

2 Gedanken zu “Tag 25 – Bald Mountain Shelter

  1. Lustig dass dich das Tal vor Erwin mit den Serpentinen auch so genervt hat. Ging mir genauso, man kommt einfach nicht voran. Übrigens meine Fussbeschwerden an der Fußsohle (man hat das Gefühl man steht stundenlang direkt auf einer Betonplatte) waren weg, als ich meine deutschen Boots gegen amerikanische getauscht habe.

    … und wenn du noch eine Challenge sucht wie wäre es mit der twenty-four-challenge? 😉
    Ansonsten weiter so, macht Spaß zu lesen.

  2. So, jetzt musste ich erst einmal nachlesen, nachdem mein Mann und ich eine Woche auf Teneriffa gewandert sind. Nicht so spektakulär wie bei dir aber eindeutig mit wesentlich besserem Wetter!

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