Tag 77 – James Fry Shelter

Die Sonne erstrahlt in vollen Zügen.  Dennoch ist es noch kalt. Ich komme erst etwas später aus dem Schlafsack als die anderen.  Dennoch brechen wir gemeinsam auf. Boiling Springs ist nur 12 Meilen entfernt und wir müssten nach 4 Stunden dort sein um gutes Essen zu genießen.
Anfangs geht es ziemlich flach voran und wir machen gute Meilen.  Allerdings kommen dann doch noch mehrere kleine Hügel zum Vorschein.  Wir dort kreuzen auch Rock Maze. Ein Steinlabyrinth mit einigen Kletterpassagen. Zeitweise müssen wir den Weg suchen, der auf einmal Meter über uns auftaucht. Am Whisky Gap legen wir dann die erste Pause ein und Kiwi holt uns ein.  Er hat nach dem Shelter noch Wasser aufgenommen. Den Anstieg den Brightside anführt kann ich nicht folgen.  Zu schnell und ohne Stöcke fehlt die nötige Unterstützung sich den Berg hoch zudrücken. Nach 2 Meilen auf und ab über weite Boulderflächen und hübschen Wald warten die drei auf mich. Meine Schultern und Gelenke schmerzen von dem Gewicht des Rucksacks. Numbers leiht mir dann für den restlichen Weg seine Stöcke. Tausend Mal besser. Aber ich eile trotzdem nicht wie die anderen den Berg hinunter und nehme mir meine Zeit. Erst am Rande des Kornfeldes warten sie wieder auf mich. Nun sind wir im Tal. Nur in der Ferne sind die nächsten Hügel auszumachen.  Also laufen wir durch hohes Gras und treffen auf viele Spaziergänger. Nach einer Straßenquerung kommt uns Banana Boat aus einem Feld entgegen.  Sie hat ihre Brille verloren und irrt halb blind auf dem falschen Weg. Zuvor ist sie schon einen Rundweg gelaufen weil sie blaue und weiße Blaze nicht auseinander halten konnte. Wir sammeln sie ein und laufen die letzten Meter nach Boiling Springs. Hübsches Städtchen mit einem ansehnlichen See und passender Architektur rings herum. Im ATC mid atlantic regional office hängen wir noch ein wenig auf dem Sofa rum und wälzen Bücher über den AT. Danach gehts zur Taverne.  Gehobenes Ambiente und wir werden höchst zuvorkommend behandelt. Extra Raum für unsere Rucksäcke und ein Platz in mitten der anderen Gäste. Das Essen war super und macht richtig satt. Es ist erst früher nachmittag und wir gehen noch auf einen Kaffee ins angrenzende Etablissement.  Dort treffen auch Brother Lui und Chey ein. Die beiden laufen wie von der Tarantel gestochen, sind aber ein paar Jahre älter. Wir machen uns gegen 14.30 auf die letzten 14 Meilen zum Shelter. Die Strecke ist flach. Viele Wiesen und kleine Waldflächen. Perfekt zum laufen. Doch es zieht sich nach ein paar Stunden doch hin. Ewig flaches Gelände.  Nach der Hälfte legen wir eine kleine Pause ein und Brother Lui und Chey preschen an uns vorbei. Wir kommen den in der Ferne gesichteten Bergketten jetzt immer näher.  Vor dem Shelter gehts dann aber noch einen ordentlichen Anstieg hinauf. 1 Meile mit extra 2 Litern Wasser bringen einen zum schwitzen.  Aber wir bekommen einen tollen Ausblick auf die Hügel von denen wir heute morgen gekommen sind. Am Shelter kochen wir schnell eine Mahlzeit.  Die Stimmung ist gut und alle motiviert. Der Tag war nicht so anstrengend auch wenn schon 26 Meilen hinter uns liegen. Also, wieso nicht nich weiter laufen? Wir packen zusammen und verabschieden uns gegen 20.15 vom vollen Shelter. Bergab in ein Tal.  Wir kreuzen wieder ein Feld. Aber jetzt ist es 21.00 Uhr. Hinter den Hügelketten ist es noch leicht hell. Der Mond und zwei Planeten stehen einsam im seichten blau des Himmels.  Hinter uns ist alles bereits in tiefere blautöne  getaucht.  Für diesen Ausblick war es das auf jeden Fall schon wert! Es folgen noch mehrere wirklich hohe Felder.  Bis zu den Hüften laufen wir über großen Flächen.  Die Umgebung ist dunkel.  Die Wälder sehen in diesen Farbtönen besser aus.
Nach dieser entspannten Passage müssen wir uns auf den Bergrücken hoch arbeiten.  Es wird steinig.  Die nächsten 5 Meilen sind als extra steinig markiert.  Wir arbeiten uns im Schein unserer Lampen voran. Wir sind fokussiert und machen gute Meilen. Die kühle Nachtluft macht das laufen angenehm.  Die Mücken die von unseren Lampen angezogen werden sind jedoch ein graus. Das ein oder andere Insekt landet ungewollt im Mund während man im Aufstieg nach Luft schnappt. Auf ein paar baumlosen Pipelinefläche schalten wir unsere Lichter aus und genießen den üppigen Sternenhimmel. Der Weg zum Shelter wird nun steinig und schwer.  Ohne Stöcke ist es noch härter die Unebenheiten auszugleichen. Aber gegen 23.00 erreichen wir das Shelter, machen eine kleine Pause und entscheiden in eine weitere Stadt einzulaufen. Nun muss Musik her. Ich bin platt und es wird zur Kopfsache. Die Füße haben sich schon längst mit ihrem Schicksal abgefunden und schmerzen von den ganzen Steinen vor sich hin. Manchmal erinnert mich der steinige Trail an Betonmauern aus denen zerbrochene Glasscherben hinaus schauen. Wir können Duncannon schon sehen.  Doch wie das so odt der Fall ist, gibt es noch ein wenig Arbeit zu erledigen. 1 Meile feinster steiler Abstieg. Große Stufen und Tritte. Nicht gerade das beste für die letzten Meter. Irgendwie landen wir beim Nachtwandern am Ende immer in den schlimmsten Passagen des Trails. Naja, irgendwann kommen wir plötzlich auf eine Straße und jubeln befreit auf. Jetzt steht „nur“ noch der Weg durch die Stadt zum Campingplatz an. Die Hauptstraße zieht sich allerdings ewig und wir schleppen uns über den Asphalt. Der Zeltplatz ist offen und wir legen uns gegen 1.00 Uhr unter einen Pavillon.  Das schönste Gefühl, nach einem solchen Tag in seinen Schlafsack zu kriechen. Die Füße schmerzen,  wissen aber die kommende Pause zu schätzen. Wunderschön!  Numbers isst noch schnell etwas. Ich bin zwar auch hungrig, bin aber zu erschöpft für weitere Aktivitäten. 
Auch wenn nebenan der Zug alle 2 Stunden fährt schlafen wir doch wie Babys.
Das waren mal mehr als 6.000  verbrannte kcal und mehr als 70.000 Tritte. ( Numbers hat eine Uhr die alles anzeigt)

Gelaufen: 38.4
Insgesamt: 1146.9

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